"Unfreiwillige" Entscheidung: Ukrainischer "Oligarch" Achmetow übergibt Medienimperium an den Staat
Der größte privatwirtschaftliche Fonds in der Ukraine gab am Montag bekannt, dass er seine Medienbeteiligungen an den Staat übergibt und damit auf ein Dekret von Präsident Wladimir Selenskij reagiert, das die Registrierung von "Oligarchen" vorschreibt. Das im Herbst vergangenen Jahres verabschiedete Gesetz sieht nämlich vor, dass alle so bezeichneten Personen sich innerhalb von sechs Monaten von ihrem Medienbesitz trennen müssen. Nach Angaben der Investmentgruppe System Capital Management (SCM), an dessen Spitze Rinat Achmetow steht, war dies angesichts des anhaltenden Konflikts nicht möglich. Nun erklärte der offiziell als der reichste Mann der Ukraine geltende Achmetow in einer Mitteilung:
"Ich habe eine unfreiwillige Entscheidung getroffen, wonach sich meine Investmentgesellschaft SCM aus dem Mediengeschäft zurückziehen wird."
Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Sechsmonatsfrist und des anhaltenden Konflikts in der Ukraine sei es für die SCM Holdings "unmöglich, ihr Mediengeschäft zu Marktbedingungen zu verkaufen", fügte er hinzu. Daher wird die Unternehmensgruppe Media Group Ukraine die Lizenzen für alle zehn "terrestrischen und satellitengestützten TV-Kanäle sowie für die Printmedien" an den Staat zurückgeben und den Betrieb aller ihrer Online-Ableger einstellen.
Das Unternehmen SCM ist Eigentümer der beiden quotenstärksten Fernsehsender des Landes – Ukraina und Ukraina 24 – sowie des beliebten Sportkanals Football 1. In der Mitteilung Achmetows heißt es, man habe in den vergangenen mehr als 20 Jahren über 1,5 Milliarden US-Dollar in das Geschäft investiert. Das Unternehmen hat inzwischen über 4.000 Mitarbeiter. Achmetow unterstrich:
"Als größter privater Investor in der ukrainischen Wirtschaft habe ich wiederholt erklärt, dass ich nie ein Oligarch war und auch in Zukunft nicht sein werde."
Sein Unternehmen ist unter anderem auch in den Sektoren Stahl, Energie und Kohle aktiv. Der in Donezk geborene Achmetow wurde im Jahr 2021 mit seinem Imperium auf 7,6 Milliarden Dollar geschätzt. Der 55-Jährige ist auch in der Sportwelt als Eigentümer des Fußballklubs Schachtjor Donezk bekannt. Zwischen 2006 und 2012 war er auch Parlamentsabgeordneter für die Partei der Regionen gewesen, die 2014 durch den von den USA unterstützten Putsch, der auch den Konflikt um den Donbass auslöste, entmachtet wurde.
Seit Russland am 24. Februar seine Truppen in die Ukraine entsandt hatte, verbot der ukrainische Präsident insgesamt 15 politische Parteien als "prorussisch" und ließ eine Reihe von Oppositionellen verhaften. Am 30. Juni erließ er außerdem ein Dekret zur Einrichtung eines "Oligarchenregisters", das auf der Grundlage des im Jahr 2021 verabschiedeten Gesetzes die führenden Wirtschaftsvertreter des Landes erfasst.
Das Gesetz verbietet den als Oligarchen eingestuften Personen unter anderem die Finanzierung von politischen Parteien oder Demonstrationen sowie die Teilnahme an den Privatisierungen und verpflichtet Staatsbedienstete, jegliche Kontakte zu den so definierten Personen anzugeben.
Um als Oligarch zu gelten, muss eine Person demnach drei der vier folgenden Kriterien erfüllen: Sie muss direkt in politische Aktivitäten involviert sein, "erheblichen Einfluss" auf die Medien besitzen, von Monopolen profitieren, die von den Kartellbehörden als solche bezeichnet werden, und ein Vermögen von mehr als 81 Millionen Dollar besitzen. Eine Umfrage vom Januar 2022 ergab, dass 55 Prozent der Ukrainer Selenskij selbst für einen Oligarchen halten, in einer Reihe mit seinem Amtsvorgänger Petro Poroschenko, seinem Förderer Igor Kolomoiski und Achmetow.
Am Dienstag schrieb SCM-Sprecherin Natalija Jemtschenko bei Facebook, dass es seit Mitternacht keine Nachrichten mehr auf den Seiten der Online-Zeitung segodnya.ua oder des Nachrichtensenders Ukraina 24 gebe.
Seit Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine zeigen die Sender landesweit ein einheitliches Nachrichtenprogramm. Mitte März hatte der ukrainische Präsident alle Kanäle zu einer Plattform zusammenlegen lassen. In Kriegszeiten sei es wichtig, eine einheitliche Informationspolitik zu haben, hieß es zur Begründung. Man tue dies angesichts von "Fehlinformationen des Aggressorstaates, der Verzerrung von Informationen sowie der Rechtfertigung oder Leugnung" von Angaben über die laufende russische Operation.
Bereits seit 2021 hatte Selenskij nach einem überraschenden Dekret insgesamt sechs regierungskritischen TV-Sendern, die demnach als russlandfreundlich gegolten haben sollen, die Sendelizenz entzogen. Auch zwei Onlineportale ließ er schließen. Achmetows Medienunternehmen gehört zu den vier großen Mediengruppen der Ukraine.
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Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.