Meinung

"Niemand hat die Absicht, eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen!" Oder?

Der "digitale grüne Nachweis", der Impfungen und Testergebnisse festhält, kommt auf EU-Ebene. Auch das Bundesjustizministerium will "Geimpfte" gegenüber "Nicht-Geimpften" bevorzugen – die Zwei-Klassen-Gesellschaft wird damit zementiert. Eine epochale Zäsur.
"Niemand hat die Absicht, eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen!" Oder?Quelle: www.globallookpress.com © Xander Heinl/photothek.de via ww

von Kaspar Sachse

Als letztes Jahr die ersten Meldungen über ein "neuartiges Coronavirus" aus China zu uns hinüberschwappten, reagierten Politik und Medien bis in den März zunächst entspannt. "Rechte Verschwörungstheoretiker", die wir seit dem nicht mehr loswerden, faselten etwas von geplanten "Ausgangssperren" und langsam kam das Wort "Lockdown" bzw. "Shutdown" in Mode. Beispielsweise am 14. März 2020 schrieb ntv mit Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium:

"An Gerüchten, dass auch eine Art landesweite Ausgangssperre bevorstehe, ist jedoch nichts dran."

Zwei (!) Tage später wurden dann "Maßnahmen, die es so noch nie gab", beschlossen und führten hierzulande in den ersten Lockdown vom 22. März bis zum 4. Mai. Zu dieser Zeit traten dann sich selbst als "Demokratischer Widerstand" oder "Querdenker" bezeichnende Akteure auf. Sie erzählten wirre, nein krude Geschichten, z. B. dass das Grundgesetz nicht mehr gelte, und phantasierten von Überwachungs-Apps, die die Regierung und private Firmen planen, um die Mobilität der Leute zu kontrollieren. Das war natürlich alles Quatsch, wie sich zeigen sollte, und ist heute gar kein Thema mehr.

Die Qualitätsmedien und diverse Politiker hatten dann auch schnell die richtigen Bezeichnungen für solche Spinner: "Corona-Leugner", "COVIDioten" oder "Schwurbler" bereichern seitdem unsere Sprache. Daneben sprach auch die Politik endlich ein Machtwort, um den Zweiflern der "Maßnahmen" den Wind aus den Segeln zu nehmen. So verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Jahrhundertrede vom 18. März 2020:

"Glauben Sie keinen Gerüchten, sondern nur den offiziellen Mitteilungen, die wir immer auch in viele Sprachen übersetzen lassen."

Das beruhigt(e) natürlich ungemein, genauso wie ihr weniger lang nachhallender Satz aus derselben Rede: 

"Wir sind eine Demokratie. Wir leben nicht von Zwang, sondern von geteiltem Wissen und Mitwirkung. Dies ist eine historische Aufgabe, und sie ist nur gemeinsam zu bewältigen."

Doch die "Querdenker", die es wortwörtlich auch schon "vor Corona" gegeben haben soll, und Konsorten wollten nicht aufhören, an der "neuen Normalität" zu rütteln. Zum einen rückte ein gewisser Klaus Schwab, seit Jahrzehnten Chef des World Economic Forum in Davos, in ihren Blickpunkt: Schwab und seine mächtigen Freunde planen angeblich einen "Great Reset", einen großen Neustart für alle Menschen auf der Welt. Der soll mit mehr Nachhaltigkeit, sozial-ökologischer Transformation und Klimaschutz einhergehen. Klingt eigentlich super, oder? Dafür müssen lediglich ein "paar" Freiheiten aufgegeben und das Portemonnaie etwas aufgemacht werden. Aber auch diese Verschwörungstheorie, die man besser Verschwörungserzählung oder -mythos nennen sollte, wie uns umtriebige Psychologinnen gelehrt haben, sollte sich als völliger Humbug erweisen.

Und dann war da noch Bill Gates, Gründer von Microsoft, ohne dessen Programm "Word" so mancher Meinungsmacher noch auf der guten alten Schreibmaschine unterwegs wäre und seine Nachbarn im Homeoffice durch die lauten Anschläge nerven würde.

Einst reichster Mann der Welt, trat Gates in jüngster Zeit durch zahlreiche lustige Projektideen wie ein von ihm finanziertes Experiment zur Abschwächung von Sonnenlicht hervor. Vor Neid Erblassende kritisieren, dass Gates vor Kurzem der größte Eigentümer von Farmland in den USA geworden ist oder dass er in einem 66.000 Quadratmeter großen Eigenheim im US-Bundesstaat Washington lebt und in seinem Privatjet 486 Gallonen Treibstoff pro Flugstunde verbraucht. Es sei ihm doch gegönnt! Denn schließlich ist er mit seiner Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung der größte Einzelspender der finanziell angeschlagenen Weltgesundheitsorganisation WHO und ein großer Fan des – na, Sie ahnen, was kommt – des Impfens!

Das haben auch diverse "Schwurbler" mitbekommen und witterten spätestens eine Impfpflicht, als der Philanthrop Gates am Ostersonntag 2020 in einem neunminütigen Interview, immerhin ein Drittel der gesamten Sendezeit, einem völlig unkritischen Moderator Ingo Zamperoni verkündete, dass

"wir den zu entwickelnden Impfstoff letztendlich sieben Milliarden Menschen verabreichen werden".

Das klingt doch großartig! Die Querdenker in ihrer verquasten Traumwelt jedoch interpretierten in diese Worte eine bevorstehende Impfpflicht für jedermann – bloß gut, dass sich jetzt endlich der Bundesverfassungsschutz um diese demokratiegefährdenden Parias kümmert. Außerdem versicherten uns unsere obersten Politiker immer wieder, dass es nicht zu einer Impflicht gegen COVID-19 kommen wird. So zum Beispiel Gesundheitsminister Jens Spahn am 18.11.2020, kurz bevor das "Dritte Infektionsschutzgesetz" im Bundestag durchgewunken wurde. Er sagte damals (und nicht nur bei dieser Gelegenheit):

"Ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben."

Auf EU-Ebene sucht man derlei Aussagen vergebens, es spricht aber auch niemand von einer Impfpflicht. Seit einigen Monaten lässt sich hier ein Wettbewerb der einzelnen Länder feststellen, wer denn am schnellsten die Grundlagen für einen digitalen Impfpass schafft. Die nicht ganz unumstrittene Vorgehensweise Israels dient da zumeist als Vorbild. Impfen lassen muss sich freilich keiner, aber ohne digitalen Nachweis eines aktuellen PCR-Tests dürfte es fortan schwierig werden, die Landesgrenzen innerhalb der EU zu überwinden. Dazu kommt: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kleckert auch nicht, sondern klotzt ordentlich ran: Mitte April orderte sie 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff von Pfizer/BioNTech, der auch für die Kleinsten gedacht ist, für ca. 28 Milliarden Euro.

Auf der offiziellen Webseite der EU heißt es zum "digitalen grünen Nachweis": 

"Die digitale grüne Nachweis wird in allen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt. Er wird dafür sorgen, dass derzeit geltende Beschränkungen abgestimmt aufgehoben werden können."

Und zur Gretchenfrage "Kann man auch ohne Impfung in ein anderes EU-Land reisen?" heißt es ebenda:

"Ja. Der digitale grüne Nachweis soll den freien Personenverkehr innerhalb der EU erleichtern. Er ist aber keine Voraussetzung für die Freizügigkeit. Sie ist ein Grundrecht in der EU. Der digitale grüne Nachweis kann auch Testergebnisse bescheinigen, deren Vorlage von staatlicher Seite häufig verlangt wird. [...] Er soll als Beleg für den Corona-Status einzelner Personen dienen und somit das Reisen erleichtern."

Der digitale grüne Nachweis enthält "notwendige zentrale Informationen wie Name, Geburts- und Ausstellungsdatum sowie Angaben zu Impfstoff/Test/Genesung und ein individuelles Erkennungsmerkmal".

Na dann: Also Impfung oder PCR-Test (den man freilich selbst bezahlen muss) als neuer Goldstandard des sicheren Reisens. Viele scheint das kaum zu stören, Hauptsache wieder "Freiheit". Diese Naivität ist nur schwer zu ertragen. Denn historisch betrachtet wird damit eine epochale Zensur durchgeführt. Tatsache ist, dass man bis Anfang 2020 generell nicht davon ausging, dass alle Menschen potenzielle "Virenschleudern" sind, die man permanent von ihren Mitmenschen isolieren müsse. Bis dahin galten Menschen erst dann offiziell als "krank", wenn ein Arzt das nachgewiesen hatte.

Wenn heute die Untertanen, ehedem Bürger, Einkaufen, Verreisen oder in ein Restaurant gehen möchten (früher das Normalste der Welt), müssen sie nun mittels vom Staat angeordneter fragwürdiger PCR-Tests bescheinigen, dass sie nicht in Verdacht stehen, ihre Mitmenschen zu "gefährden", oder eben per Impfung. Die Harvard-Ökonomin Shoshana Zuboff bringt das in ihrem richtungweisenden Buch, das sich wie eine finstere Vorahnung auf die neue Epoche liest, auf den Punkt. In "Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus" schreibt sie:

"Die Negation des Rechts, keine Spuren zu hinterlassen, solange man nicht gegen Gesetze verstößt, wird sich in unsern Bewusstsein wie in unseren Leben einnisten, ohne mehr störrische Irritationen auszulösen."

Die potenziellen Gefahren für die Menschheit drohen jedoch nicht nur bei den Viren. Die "Negation" des Rechts lässt sich auch hervorragend auf andere Bereiche wie die Kriminalitätsprävention übertragen: Es könnte sein, dass Schmidt heute Abend seine Frau schlägt, die Algorithmen sprechen dafür.

Doch zurück zu den Impfpässen in der EU und der Kritik daran. So betonte der russische Außenminister Sergei Lawrow bereits Anfang März auf einer Pressekonferenz in Moskau, dass die Einführung der in der EU diskutierten digitalen Impfpässe zu einem indirekten Impfzwang führen könnte. Lawrow wörtlich:

"Die Menschen werden also gezwungen sein, sich impfen zu lassen, wenn sie reisen wollen. Mittlerweile können sich die Menschen in Europa ein Leben ohne Reisen innerhalb der EU-Länder kaum noch vorstellen. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt. Ich hoffe, dass eine Entscheidung mit Rücksicht auf die Interessen der Bürgerinnen und Bürger der EU getroffen wird und nicht aufgedrängt wird. Die freiwillige Impfung ist ein äußerst wichtiger Punkt."

Auch in anderen Teilen der Welt sieht man das ähnlich. Der Gouverneur von Florida hat beispielsweise die Ausstellung von Impfpässen bei hohen Strafandrohungen verboten, denn, so Ron DeSantis:

"Es ist sowohl für die Regierung als auch für den privaten Sektor völlig inakzeptabel, von Ihnen (den Bürgern) zu verlangen, dass Sie den Nachweis der Impfung erbringen, nur um einfach in der Lage zu sein, sich am normalen gesellschaftlichen Leben zu beteiligen."

Und in Deutschland? Da prescht das Bundesjustizministerium mit einem bereits lange erwarteten Referentenentwurf vor, den die Welt in blumigsten Worten beschreibt:

"Der Impfpass soll schon sehr bald das Ticket für die Rückkehr zu Freiheiten und für ein Ende der Corona-bedingten Einschränkungen im Alltag sein. Wenn es nach dem Bundesjustizministerium geht. Das hat einen Entwurf vorgelegt, in dem geregelt wird, wie Geimpfte und Genesene wieder ihre Grundrechte wahrnehmen können."

Im Entwurf findet sich dann folgende verheißungsvolle Passage:

"Das heißt, dass es geimpften und genesenen Personen zukünftig wieder möglich sein wird, ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern in Anspruch zu nehmen."

Wer also geimpft ist, ist klar im Vorteil? Nicht unbedingt. Denn zuerst stellt sich die Frage, welche Ladengeschäfte und andere Einrichtungen "Corona" wirtschaftlich überhaupt überlebt haben (zumal der Lockdown sicher noch eine Weile andauern wird) und – je nach derzeitiger Verordnungslage – überhaupt öffnen dürfen. Viel wichtiger ist aber die Frage nach den Nebenwirkungen der Impfungen und den – das liegt auf der Hand – überhaupt nicht erforschten Langezeitwirkungen – denn wir haben es nach wie vor mit einer Notfallzulassung in der EU zu tun.

Grundsätzlich sei jedem ans Herz gelegt zu studieren, wie die Pharmaindustrie arbeitet (beispielsweise im Film: Big Pharma – Die Macht der Konzerne) und welche enorme Lobby diese beispielsweise im Bundestag oder Brüssel hat.

In letzter Zeit häufen sich zudem Berichte über Nebenwirkungen der Impfungen, besonders bei jungen Leuten: "18-jähriger Schüler erkrankt nach BioNTech-Impfung an Herzmuskelentzündung", "32-Jährige nach Astrazeneca-Impfung gestorben: 'Viele wollten davon nichts wissen'", "Israel: Mehrere Fälle von Herzmuskelentzündung nach BioNTech/Pfizer-Impfung werden untersucht" oder zuletzt: "Corona-Impfung: Veränderte Menstruation – Berichte über heftige Blutungen und Krämpfe".

Dabei haben junge Menschen, bei denen, wie allgemein bekannt ist, COVID-19-Erkrankungen in aller Regel deutlich milder verlaufen als bei der Ü70-Generation, ohnehin ein vergleichsweise schweres Kreuz in der "Corona-Krise" zu tragen: Der vielen Dinge beraubt, die das Leben lebenswert machen (Veranstaltungen, Konzerte, Feiern, Abschlussbälle, Ausgehen, Tanzen), zum Homeoffice (falls der Job noch da ist) gezwungen und bis an ihr Lebensende dazu verdonnert, die angehäuften "Corona-Staatsschulden" in Form von höheren Steuern und geringeren Renten zu begleichen, sollen sie sich jetzt noch gesundheitlichen Risiken der Impfungen (die freilich auch Ältere betreffen) aussetzen? Und auch das vermutlich nicht nur in diesem Jahr – spricht doch der Pfizer-Chef von "jährlichen Auffrischungen".

Da haben wir also die nächste Zensur innerhalb der Pandemie: Denn ursprünglich ging es bei allen "Corona-Maßnahmen" doch ausschließlich um die Gesundheit der Menschen, oder? Doch die Nebenwirkungen der Impfung werden offenbar schlichtweg in Kauf genommen.

Das Grundgesetz scheint bei derlei heftigen Eingriffen in die persönliche Freiheit den Bedenkenträgern einer "Impfpflicht durch die Hintertür" jedoch recht zu geben. So schreibt der Rechtsanwalt und Strafverteidiger Gerhard Strate im Cicero:

"Das Grundgesetz ist keine Schönwetterlektüre, mit welcher die Nation sich schmückt, so lange die Lage ruhig und überschaubar ist. Es ist vielmehr der rettende Mast, den wir besonders im Sturm keinesfalls loslassen dürfen. Dies gilt für das Recht auf körperliche Unversehrtheit ebenso wie für das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit oder für die Berufsfreiheit."

Die Hoffnung stirbt freilich zuletzt, dass er damit bei den Verantwortlichen Gehör findet.

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